EBITDA: Das Wichtigste auf einen Blick
Was ist EBITDA? (Definition)
Das EBITDA ist eine betriebswirtschaftliche Kennzahl, die den operativen Erfolg eines Unternehmens beschreibt, ohne dass finanzielle Strukturen, steuerliche Umgebungen oder buchhalterische Abschreibungen das Bild verzerren. Das Akronym steht für Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization (Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte). Es beantwortet im Kern die Frage: „Wie viel Geld verdient das Geschäftsmodell an sich, bevor der Staat, die Bank oder Investitionen in Maschinen bezahlt werden?“
Nachdem du nun die Kern-Definition kennst, tauchen wir tiefer in die Materie ein. Das EBITDA wird oft als „operativer Rohertrag“ bezeichnet. Investoren und Analysten nutzen es vor allem, um Unternehmen international oder innerhalb einer Branche zu vergleichen. Warum? Weil Steuersätze in Deutschland anders sind als in den USA und Finanzierungskosten (Zinsen) stark davon abhängen, wie hoch ein Unternehmen verschuldet ist. Indem man diese Faktoren ausklammert, sieht man die „nackte“ operative Leistung.
In den folgenden Abschnitten zerlegen wir die Bestandteile und schauen uns an, warum gerade die Abschreibungen (Depreciation & Amortization) den großen Unterschied zum klassischen EBIT machen.
Die Bestandteile des Akronyms im Detail
Um das EBITDA wirklich zu verstehen, musst du wissen, was genau wir hier eigentlich aus dem Gewinn herausrechnen – und vor allem, warum.
- Earnings (Gewinn/Jahresüberschuss): Der Startpunkt (bei der Rückrechnung). Das, was unter dem Strich übrig bleibt.
- Interest (Zinsen): Hier geht es um das Finanzergebnis. Zinsen für Kredite haben nichts damit zu tun, wie gut dein Produkt ist oder wie effizient dein Vertrieb arbeitet. Sie hängen nur von deiner Finanzierungsstruktur ab.
- Taxes (Steuern): Unternehmenssteuern variieren je nach Standort extrem. Ein Unternehmen in München zahlt andere Gewerbesteuern als eines in Dublin. Um die operative Leistung zu vergleichen, muss der Steueraspekt weichen.
- Depreciation (Abschreibungen auf Sachanlagen): Das ist der Wertverlust von Maschinen, Fuhrparks oder Gebäuden. Da diese Kosten oft nicht zahlungswirksam sind (das Geld für die Maschine ist schon vor Jahren geflossen), werden sie beim EBITDA ignoriert.
- Amortization (Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte): Ähnlich wie Depreciation, aber für Dinge, die man nicht anfassen kann – etwa Patente, Lizenzen oder Goodwill nach einer Firmenübernahme.
Wie berechnet man das EBITDA? (Formel & Beispiel)
Das EBITDA kann auf zwei Wegen berechnet werden: Entweder startest du „oben“ beim Umsatz und ziehst nur die operativen Kosten ab (Gesamtkostenverfahren), oder du startest „unten“ beim Jahresüberschuss und rechnest Zinsen, Steuern und Abschreibungen wieder drauf. Die gängigste Methode für Investoren ist die Rückrechnung vom Jahresüberschuss („Bottom-Up“), da diese Daten in Geschäftsberichten schnell zu finden sind.
EBITDA Formel
Lass uns das an einem konkreten, realistischen Beispiel durchrechnen, damit du ein Gefühl für die Zahlen bekommst. Wir nehmen hierfür die fiktive „SaaS-Rocket GmbH“.
Praxis-Beispiel: Die „SaaS-Rocket GmbH“
Stell dir vor, du analysierst den Geschäftsbericht dieses Software-Startups. In der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) findest du folgende Werte für das letzte Geschäftsjahr. Wir wollen wissen: Ist das operative Geschäft gesund, auch wenn unter dem Strich vielleicht noch ein Minus steht?
| Position in der GuV | Betrag (in €) |
| Jahresüberschuss (Net Income) | 50.000 |
| + Steueraufwand (Taxes) | 15.000 |
| + Zinsaufwand (Interest) | 10.000 |
| = EBIT (Operatives Ergebnis) | 75.000 |
| + Abschreibungen auf Server (Depreciation) | 20.000 |
| + Abschreibungen auf Software-Lizenzen (Amortization) | 5.000 |
| = EBITDA | 100.000 |
Was sagt uns das?
Obwohl der Jahresüberschuss „nur“ 50.000 € beträgt, erwirtschaftet das operative Kerngeschäft (EBITDA) 100.000 €. Das Unternehmen hat also einen starken operativen Cash-Zufluss, der aber durch Zinsen, Steuern und Buchungen für Wertverluste (Abschreibungen) halbiert wird. Für einen Käufer wäre die Zahl 100.000 € oft interessanter, da er vielleicht die Schulden (Zinsen) ablöst und die Abschreibungen nicht sofort als Geldabfluss spürt.
Tipp: Wenn du US-Aktien analysierst, findest du das EBITDA oft nicht direkt in der „Income Statement“. Suche nach „Operating Income“ (das ist meist das EBIT) und addiere aus dem „Cash Flow Statement“ die Position „Depreciation & Amortization“ hinzu.
Warum ist das EBITDA so wichtig für Investoren und Gründer?
Das EBITDA dient als „Proxy“ (Annäherungswert) für den operativen Cashflow und ist die zentrale Kennzahl bei Unternehmensbewertungen und Kreditvergaben. Es ermöglicht den direkten Vergleich von Unternehmen, die völlig unterschiedliche Kapitalstrukturen haben – etwa ein eigenfinanziertes Familienunternehmen gegen einen hoch verschuldeten Konzern. Banken nutzen das Verhältnis von Netto-Schulden zu EBITDA oft als harte Grenze (Covenant) für Kreditlinien.
Aber es geht um mehr als nur Vergleichbarkeit. Für dich als Gründer oder Investor ist das EBITDA oft die Währung, in der der Kaufpreis eines Unternehmens verhandelt wird. Man spricht hier von „Multiples“. Das schauen wir uns im nächsten Schritt genauer an, denn hier wird theoretisches Wissen zu barem Geld.
Der EBITDA-Multiple in der Unternehmensbewertung
Wenn Unternehmen verkauft werden oder an die Börse gehen, wird der Wert oft als ein Vielfaches (Multiple) des EBITDA berechnet.
Die Formel für den Unternehmenswert (Enterprise Value) lautet vereinfacht:
Enterprise Value Formel
Ein Beispiel aus der Praxis:
Nehmen wir an, in der Software-Branche wird aktuell im Schnitt das 12-fache EBITDA gezahlt.
Deine Firma hat ein EBITDA von 2 Mio. €.
Grob geschätzter Unternehmenswert = 2 Mio. € * 12 = 24 Mio. €.
Würdest du stattdessen den Reingewinn (Net Income) als Basis nehmen, wäre die Bewertung viel schwieriger, weil deine individuelle Steuerlast oder deine Zinsen den Wert verfälschen würden. Investoren kaufen die operative „Maschine“ – wie du sie finanzierst, ist dein Problem (bzw. lösen sie es nach dem Kauf neu).
Was ist der Unterschied zwischen EBITDA, EBIT und Jahresüberschuss?
Der Unterschied liegt im Grad der „Bereinigung“: Der Jahresüberschuss ist die absolute „Bottom Line“ inklusive aller Kosten, das EBIT klammert Finanzierung und Steuern aus, und das EBITDA ignoriert zusätzlich noch die Investitionskosten (Abschreibungen). Man kann es sich wie einen Filter vorstellen, der von unten nach oben immer grober wird, um den reinen operativen Kern freizulegen.
Damit du nie wieder durcheinander kommst, habe ich dir hier die Unterschiede und Anwendungszwecke gegenübergestellt. Meiner Erfahrung nach verwechseln selbst Fortgeschrittene oft, wann welche Kennzahl sinnvoller ist.
Vergleichstabelle: Wann nutzt du was?
| Kennzahl | Beinhaltet NICHT | Bester Einsatzzweck |
| Jahresüberschuss | (Enthält alles) | Um zu sehen, was für die Aktionäre wirklich übrig bleibt (Dividende). |
| EBIT | Zinsen, Steuern | Um die operative Leistung zu vergleichen, aber unter Berücksichtigung der nötigen Investitionen (Sachanlagen). Wichtig bei kapitalintensiven Industrien (z.B. Autohersteller). |
| EBITDA | Zinsen, Steuern, Abschreibungen | Um den reinen operativen Geldzufluss zu schätzen und Firmenbewertungen (Multiples) zu berechnen. Ideal für Software/Service-Firmen oder M&A. |
Welche Kritik gibt es am EBITDA? (Die Warren Buffett Warnung)
Kritiker, allen voran Warren Buffett, bezeichnen das EBITDA oft spöttisch als „Earnings Before Bad Stuff“, weil es reale Kosten für den Erhalt des Unternehmens (Abschreibungen) einfach ausblendet. Wenn ein Unternehmen Maschinen hat, die verschleißen, müssen diese irgendwann ersetzt werden – das kostet echtes Geld (CapEx). Das EBITDA ignoriert diesen zukünftigen Geldbedarf komplett und lässt ein Unternehmen profitabler erscheinen, als es langfristig ist.
Buffett stellte dazu die berühmte rhetorische Frage: „Does management think the tooth fairy pays for capital expenditures?“ (Denkt das Management, die Zahnfee bezahlt die Investitionsausgaben?).
Die Gefahr der „Schönrechnerei“
Das EBITDA ist besonders gefährlich bei Unternehmen mit hohen Schulden oder hohem Investitionsbedarf (z.B. Telekommunikation oder Schwerindustrie).
- Beispiel: Ein Telekom-Anbieter muss alle paar Jahre Milliarden in neue Masten (5G) investieren. Das EBITDA blendet die Abschreibung dieser Masten aus. Die Zahl sieht riesig aus. Aber der „Free Cashflow“ (das Geld, das wirklich in der Kasse landet) ist oft viel niedriger, weil die Investitionen (CapEx) bezahlt werden müssen.
Mein Rat: Verlasse dich niemals nur auf das EBITDA. Nutze es für die Bewertung, aber prüfe immer den Free Cashflow, um zu sehen, ob das Unternehmen auch wirklich Cash generiert.
Was ist eine „gute“ EBITDA-Marge?
Eine „gute“ EBITDA-Marge hängt fast ausschließlich von der Branche ab; während im Einzelhandel Margen von 5-10 % als solide gelten, erwarten Investoren bei Software-Unternehmen (SaaS) oft Werte jenseits der 30 % oder sogar 40 %. Die Marge berechnest du, indem du das EBITDA durch den Umsatz teilst. Sie zeigt an, wie viel Prozent vom Umsatz als operativer Gewinn (vor den genannten Abzügen) hängen bleibt.
Hier ist eine grobe Orientierung für deine Analyse, basierend auf aktuellen Marktstandards:
Branchen-Benchmarks
| Branche / Sektor | Marge (Ø) | Bewertung & Kontext |
| Software / SaaS | 25 – 40 %+ | Exzellent. Hier sind die Grenzkosten extrem niedrig. Investoren erwarten oft >30%. Alles unter 20% deutet auf ineffizientes Wachstum hin. |
| Energie & Versorger | 40 – 60 % | Sehr Hoch. Täuscht oft! Die Margen sind riesig (z.B. Windparks), aber nur weil die immensen Investitionskosten (Abschreibungen) ausgeblendet werden. |
| Telekommunikation | 34 – 38 % | Stabil. Ähnlich wie Energie: Hohe Infrastrukturkosten führen zu hohen Abschreibungen, was das EBITDA künstlich hoch wirken lässt. |
| Pharma & Health | 30 – 35 % | Hoch. Etablierte Pharma-Riesen drucken Geld. Biotech-Startups haben dagegen oft negative Margen (nur Forschungskosten). |
| Gastronomie / Hotels | 10 – 15 % | Mittel. Solide geführte Betriebe (z.B. Systemgastronomie) erreichen ~12%. Viele Einzelkämpfer kämpfen eher mit 5–8% ums Überleben. |
| Automobilindustrie | 10 – 12 % | Unter Druck. 2024 war ein hartes Jahr. Die EBIT-Margen sanken teils auf 6%, das EBITDA liegt durch hohe Werks-Abschreibungen etwas höher. |
| Bau & Handwerk | 5 – 10 % | Niedrig. Material- und Personalkosten fressen fast alles auf. Hier wird Geld über Masse und Cashflow-Management verdient, nicht über hohe Margen. |
| Einzelhandel / E-Com | 5 – 10 % | Dünn. Hoher Wettbewerb und Preiskampf (Amazon-Effekt). Ausnahme: Luxusgüter (höhere Margen). |
Achtung: Eine extrem hohe EBITDA-Marge ist nicht immer gut. Wenn ein Unternehmen 50 % Marge hat, aber nicht wächst, investiert es vielleicht zu wenig in Marketing oder Entwicklung. Ein gesundes Gleichgewicht aus Marge und Wachstum („Rule of 40“ im SaaS-Bereich) ist oft wichtiger als die absolute Höhe.
Was bedeutet „bereinigtes EBITDA“ (Adjusted EBITDA)?
Das bereinigte EBITDA (Adjusted EBITDA) ist eine Kennzahl, bei der das Management das normale EBITDA um „einmalige“ oder „außergewöhnliche“ Kosten korrigiert, um die „wahre“ Ertragskraft zu zeigen. Dazu zählen oft Kosten für Restrukturierungen, Rechtsstreitigkeiten oder aktienbasierte Vergütungen (Stock-Based Compensation).
Hier müssen bei dir alle Alarmglocken läuten. Es gibt keine gesetzliche Definition für „Adjusted EBITDA“. Unternehmen sind hier sehr kreativ.
Worauf du achten musst
Oft rechnen Startups Dinge heraus, die eigentlich zum normalen Geschäft gehören:
- Marketingkosten: Manchmal wird versucht, Marketing als „einmalige Investition“ zu verkaufen.
- Aktienoptionen: Bei Tech-Firmen ein riesiger Kostenblock. Wird er herausgerechnet, sieht das EBITDA toll aus, aber die Aktionäre werden verwässert.
Wenn du in einem Geschäftsbericht „Adjusted EBITDA“ liest: Suche im Kleingedruckten die Überleitungsrechnung (Reconciliation). Schau genau hin, was da addiert wurde. Wenn die „Einmaleffekte“ jedes Jahr auftauchen, sind sie nicht einmalig, sondern operative Kosten.
Fazit
Das EBITDA ist ein mächtiges Werkzeug, um die operative Power eines Unternehmens isoliert zu betrachten und schnell eine Bewertung (Multiple) im Kopf zu überschlagen. Aber es ist keine „Eierlegende Wollmilchsau“. Es ist blind für Investitionsbedarf (CapEx) und ignoriert Zinslasten. Nutze es als Startpunkt deiner Analyse, nicht als Endergebnis.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zum EBITDA
Wichtiger Hinweis & Haftungsausschluss
Dieser Beitrag dient ausschließlich zu Informationszwecken und stellt keine Rechts- oder Steuerberatung im Sinne des Steuerberatungsgesetzes dar. Obwohl die Inhalte mit größter Sorgfalt und nach bestem Wissen erstellt wurden, kann keine Haftung für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen übernommen werden. Jede unternehmerische Situation ist individuell. Für eine verbindliche Beratung und zur Klärung deiner persönlichen steuerlichen Situation, wende dich bitte unbedingt an einen qualifizierten Steuerberater oder einen Rechtsanwalt.

